Nippes

Na logo bin ich Fußballfan. Daraus habe ich nie einen Hehl gemacht. Und schon gar nicht darum, für wen mein Herz schlägt. Doch unabhängig davon gehöre ich nicht zu den Leuten, deren Heim in einen Heilig Schrein umgewandelt wurde. Die Devotionalien sind eher spärlich gesät. Ein Triplefahne hängt als Staubwedel irgendwo in einem Bücherregal herum. Und da auch weniger aus Flagge-zeigen-Gründen als aus einem bierseligen Moment heraus, weil ich bei zwei der beiden Finales live im Stadion dabei war und vor allem den DFB-Pokal feinsterweis mit Gerstenkaltschale und so rechts neben der VIP-Tribüne genißene konnte. Hinterher wollte ich das gute Teil nicht wegschmeißen, weil es doch auf seinem langen Weg vom Oly bis zum Ostkreuz ein treuer Begleiter gewesen war. Zumindest hatte es gegen seine Entführung nix gesagt und auch sonst nicht groß widersprochen.

Ansonsten schmückt mein Domizil nicht viel. Zwei kleinere Wimpel hängen halb versteckt hinter einer Küchenrollenhalterung. Die Trikots, die ich mein Eigen nenne, sind säuberlich hinter einer Schranktür verborgen. Und auch von zahlreichen alltagstauglichen T-Shirts ist mir das eine das Liebste, das nicht mit dem Vorschlaghammer den Fan anzeigt. Alte Försterei – Selfmade in Köpenick“ verkündet es die Botschaft über dem Wappen des heutigen Stadtbezirkes. Eine Botschaft, die Unwissende eh nicht dechiffrieren können. Und die Erleuchteten nicken wissend und beifällig.

Und doch hat sich Laufe der Jahre allerhand Nippes und Plunder angesammelt. Kleine Buttons wie der von S.E.O.N. Oder ein nie im Handel gewesenes Plektron. Auch ein geschenkter Bärchenpin. Dazu einige  Kaffeetassen aus Milchglas mit mattem, dezenten Logo, die es heute nicht mehr gibt. Und die natürlich obligatorischen Bierbecher mit rot-weißen Stadionmotiven, die man aber auch von Rockkonzerten gern als Souvenir nach Hause schleppt. Erstaunlicherweise sind sogar ein paar Kleinigkeiten von den Millerntorkickern mit in meiner Bleibe gelandet. Und zwar deutlich mehr als vom Stern des Südens. Beispielsweise eine schwarze Gummiente mit Totenkopf-Motiv und rotem Schnabel, die zusammen mit ihrem roten Gegenstück im Badezimmer vor einer Berlin-Flaggen-Seife ihr Unwesen treibt.Was die beiden sich des Nächtesn wohl zu erzählen haben. Da möchte man doch mal Mäuschen spielen.

Nicht viel also, wenn man bedenkt, dass ich seit 14 Jahren den Eisernen folge. Zunächst nur rein beruflich. Dann aus Leidenschaft. Am Ende auch als Stadionbesitzer. Aus Überzeugung. Alles ganz dezent. Und das ist auch gut so. Muss ja nicht jeder, der meine Feste betritt gleich durch meine Vorlieben erschlagen werden.

Szenen meines Lebens II

Ja, ich weiß, es heißt Ratte. Nicht Maus. Hatte aber gerade keine Leseratte zur Hand. Also musste ich mir irgendwie helfen. Und da kam diese Lesemaus wie gerufen.

Bin nämlich eine. Schon von Kindesbeinen an. Immer gewesen. Meine Eltern durften nie die Lampen im Flur der ersten  Etage ausmachen, wenn ich ins Bett musste. Offiziell, weil ich Angst hatte. Aber der Lichtschein fiel so schön am Kopfende des Bettes ins Zimmer hinein. Ein schmaler Spalt, der aber breit genug war, dass man darin herrlich umblättern konnte. Und wenn dann doch einer den Flur unten betrat oder eine Erdgeschosstür sich öffnete, wurde das Buch schwuppdiwupps in Weltrekordzeit unters Bett befördert. Ich schlief. Aber so was von! Zumindest hat es gelangt, dass meine treusorgenden Altvorderen beim Anblick meiner Wohlschlummernheit beruhigt wieder von dannen zogen. Und ich danach ungestört weiter schmökern konnte.

Szenen meines Lebens I

Lang, lang ist’s her. Und nur sehr kurz das Vergnügen. Ich habe heute noch das strahlende Gesicht meines ehrenwerten Altvorderen vor Augen, als er beim Geräusch des Boxermotors aus dem Hause eilte. Erinnerte ihn an sein allererstes Auto. Tja, und dann sollte er restauriert werden. Auseinandergenommen haben wir ihn. Mehr aber nicht. Gab auf einmal keinen Grund mehr in das Nest zu fahren, wo er in Einzelteile zerlegt einer besseren Zukunft entgegendämmerte. Ob es dich heute noch gibt? Ein neues, von Haus aus recht liebvolles Herrchen hattest du ja dann gefunden.  Und ach ja, er war natürlich nicht metallic, sondern klassisch rot.

Hört das denn nie auf?

Eigentlich dachte ich, alles wäre raus. Bis auf die Klemmlampe von IKEA, die sie unbedingt noch wieder haben möchte. Selber sich in Ausgaben zu stürzen, die 10 Euro invetstieren und eine neu zu kaufen, daran dachte sie nie (Warum auch? Kostet Geld, was man als Schwäbin nicht freiwillig ausgibt. Und deshalb erkundigt man sich vorsichtshalber auch lieber gar nicht, ob die Nebenkostenabrechnugn für 2006, also als wir noch zusammenwohnten, eventuell eine Nachzahlung erforderlich macht. Aber das ist halt eine andere Geschichte und soll ein ander mal erzählt werden).

Zurück zur Lampe. Weil das Nachfolgemodell ein klein wenig anders aussieht, will sie die ihre zurück. Sie hatte die beiden mal als Päärchen gekauft. Und sie möchte doch so gerne im trauten Glück wiedervereinigt wissen. Kann man verstehen, kann sie jetzt haben, habe das Ding neue gekauft.

Aber das war nicht, was mich bewegte. Sondern etwas viel kleineres. Was mich umso mehr aufwühlte. Ein simpler Knopf! Gehörte zur ihrem silbernen Satin-Schlafanzug. Und fand sich jetzt unvermittelt in der Schublade wieder, wo eigentlich meine Socken gemütlich rumlungern. Eine kleine Erinnerung an bessere Zeiten …