Die 3. Liga – Fluch oder Segen? Gelobtes Land oder schleichender Tod? Der bei der Gründung vom DFB als Meilenstein gepriesene Zweitliga-Unterbau spaltet bis heute die Geister. Als Wettbewerb durchaus lukrativ ist er von der wirtschaftlichen Seite her äußerst schwer zu stemmen. Klagen darüber werden alljährlich laut. Auch von den Klubs, die der Drittklassigkeit entronnen sind. Wie beispielsweise der 1.FC Union.
Für den 1.FC Wundervoll, der sich gerade anschickt, vielleicht doch noch nach noch höheren Weihen zu greifen (so denn vor allem die Roten Teufel mitspielen), war die 3. Liga vor allem ein ruhmreiches Kapitel der jüngeren Vergangenheit. „Erster Deutscher 3. Ligameister der Welt“, jubelten die antikommerziell eingestellte Köpenicker kommerziell geschickt per Aufstiegs-T-Shirt im Sommer 2009.
Mittlerweile ist die höchste Spielklasse des DFB im fünften Jahr ihres Geschehens angekommen. Zeit also, sich einmal rückblickend wieder ein bisschen mit ihr zu befassen. Wobei es mir hier vor allem um die sportliche Ausrichtung geht, weniger um die Finanzen.
Was die Verringerung des Leistungsgefälles zwischen der DFL-Spielklasse 2. Bundesliga und dem Unterbau angeht, muss man sagen, dass das Projekt ein voller Erfolg ist. Zumindest was die ersten drei Jahre angeht. Von den neun Aufsteigern seit 2009 haben mit Osnabrück und Rostock nur zwei sich nicht gehalten, Düsseldorf reüssiert mittlerweile sogar in der Beletage des deutschen Fußballs, Braunschweig steht kurz davor und auch Union meldet – zumindest für das kommende Jahr – deutliche Ambitionen an.
Noch deutlicher wird es, wenn man bedenkt, dass in der Relegation sich ausnahmslos immer der Drittligist gegen den Tabellen-16. der 2. Liga durchgesetzt hat, während der Bundesliga-16. in 50% aller Fälle (Nürnberg 2009 /Gladbach 2011) die Klassenzugehörigkeit verteidigen konnte. Und nicht zuletzt die Tatsache, dass Jahr für Jahr mindestens ein Aufsteiger sich in oberen Tabellengefilden bis hin zur Relegationsnähe tummelt (2010 Düsseldorf als 4. und Paderborn als 5., 2011 Aue als 5., 2012 Braunschweig als 8.) untermauert diese These weiter. Auch dieses Jahr hat Aufsteiger Aalen diese Tradition fortgesetzt. Das geht nur mit gewachsenen Mannschaften, die nicht kurzfristig in Liga 3 mit dem Ziel Aufstieg zusammengekauft worden waren. Doch dazu später mehr.
Ob das aber weiter so anhält, Liga 3 und Liga 2 weiter so eng miteinander verzahnt bleiben, muss sich zeigen. Denn in dieser Saison sind mit Sandhausen und Regensburg zwei Ex-Drittligisten kurz davor, sich postwendend wieder aus dem Bundesliga-Unterbau zu verabschieden. Vielleicht nur die berühmte Ausnahme von der Regel, auch wenn ich eher denke, dass das ein Zeichen einer Trendwende ist.
Meine These: Seit 2008 haben die Klubs, die rechtzeitig alle notwendigen Maßnahmen auch bezüglich der Infrastruktur und des Nachwuchsbereichs einleitet haben, die Gunst der Stunden für sich entsprechend ausgenutzt. Künftigen Klubs – mit Ausnahme von R(etortenklu)B Leipzig – werden es nicht mehr schaffen, sich im Lizenzfußball zu etablieren. Aber damit kann man Köpenick sicherlich gut leben.
Doch was passierte denn mit den Absteigern aus der 2. Liga? Die alte Boxregel „They never come back“, erstmals durchbrochen nicht von dem Größten, Muhammad Ali, wie jetzt manch einer vorschnell sagen mag, sondern 1960 von Floyd Patterson, ist das Damoklesschwer für alle Absteiger. Von neun Absteigern schaffte es nur ein Drittel postwendend wieder zurückzukehren. In diesem Jahr schickt sich der Karlsruher SC an, diese 1/3-Regel zu untermauern. Für Aachen und Hansa sieht es dagegen mau aus. Denn 33% der Zweitligaabsteiger sind sogar ganz in der Versenkung verschwunden so wie LR RW Ahlen, RW Oberhausen und die TuS Koblenz.
Dazu gibt es deutliche Unterscheide bei den Comeback-Kids. Nur ein finanzstarker Klub wie Ingolstadt kann den Abstieg als Betriebsunfall reparieren, sich wieder auf Dauer im Bundesliga-Unterbau einnisten. Für Klubs die von Haus aus schwach auf der Brust sind, – da muss man kein großer Phrophet sein – bleibt maximal das Schicksal einer Fahrstuhlmannschaft.
Hier würde nur ein über längere Zeit gewachsenes Team, aus einem strukturstarken Gebeit, dessen Finanzen von Grund auf in Ordnung gebracht worden sind, künftig in die Phalanx der Zweitligisten wieder einbrechen können. Also stetig mitmischen, nicht mal so eben kurz ein Gastspiel geben. Und da sieht es weder bei den von der Insolvenz bedrohten Aachenern, den chronisch klammen Bielefeldern oder Rostock wirklich gut aus. Auch der VfL Osnabrück wird sich mangels Finanzmasse auch nur wieder auf ein Intermezzo in Liga zwei freuen können. So sie denn den Fünfkampf an der Spitze überhaupt für sich entscheiden können.
Womit das Schicksal der 3. Liga sich abzeichnet. Sie wird weiter ausbluten. Klubs werden weiter über ihre Verhältnisse leben, um an die Fleischtöpfe der DFL-Ligen heranzukommen. Die Insolvenz als Folge geht einher mit der sportlichen Diaspora. Noch mehr Tradition geht flöten. Und Himmel hilf bei dem, was aus den viertklassig, fünfgeteilten Regionalligen droht. Lotte, Elversberg oder Illertissen – derzeit alle berechtigt an den Aufstiegsspielen zur 3. Liga teilzunehmen – sind nicht gerade die Vertreter ihrer Art, die das Ballspiel liebende Publikum in Verzückung geraten ließe. Von drohenden Zweitvertretungen der Lizenzklubs wie Wolfsburg II, Hannover II, Schalke II oder Hoffenheim II wollen wir gar nicht erst anfangen zu reden.
Wodurch die 2008 noch so verheißungsvoll erscheinende Drittklassigkeit künftig noch mehr an Attraktivität verlieren wird. Und die nächste Spieklassenreform, die wiederum nur ein Rumdoktorn am System sein wird, sich schon jetzt abzeichnet.