Perfekter Service, korrekte Preise … (Szenen meines Lebens XIII – nicht zwingend in chronologischer Reihenfolge)

nur die Lüftung summte leise. Äh, ne machte sie nicht. Aber ich war ja auch nicht in dem von „Die Sterne“ besungenen Kiosk unterwegs. Sondern nur beim Phonedoctor. Obwohl, was heißt da nur. Ich hatte da nämlich ein Problem. Mein geliebtes iPhone, unentbehrlicher Helfer in fast allen Lebenslagen, verhielt sich seit geraumer Zeit so wie es dem Fischer  mit seiner Ollen erging: Myne Fru de Ilsebil, will nich so, als ik wol will. Es wollte nicht mehr. Und zwar vor allem eins: Laden!

Tücke des Objektes. Es kann der beste nicht in Frieden appen, surfen oder phonen wenn es dem bösen Akku nicht gefällt. Wer immer schon sich mit diesem stromverzehrenden Nützling auseinandergesetzt hat, wird um meine Verzweifelung wissen. Nicht  umsonst trägt man sich als iPhone-Besitzer des öfteren mit dem Gedanken, eins dieser herrenlosen Atomkraftwerke zu  erwerben. Und das ungeachtet der ungelösten Endlagerungsproblematik. Das hätte man als Kollateralschaden billigend in Kauf genommen. Allein der Mangel an drahtlosen Energie-Übertragungs-Wegen lässt einen dann für gewöhnlich doch davon Abstand nehmen von solchen, ein klein wenig übereilt erscheinenden Kaufentschlüssen.

Wo war ich? Ach ja. Mein 4s. Wie gesagt, es lud nicht. Bzw. höchst renitent. Kaum hatte man ihm eine neue Energiequelle erschlossen, versuchte es einen reinzulegen. Leichteste Berührungen am Kabel langten, um mit einem liebreizenden Geräusch seine Fütterungsverweigerung anzuzeigen. Alles Gute Zureden half nicht. Teenager im schönsten Pubertätsstadium haben ein vergleichsweise offenes Ohr für die Fürbitten ihrer Altvorderen im Vergleich zu der Ladewilligkeit meines Smartphones.

Was zunehmend zu Komplikationen führte. Nicht selten stürzte ich, Technik und Sonstiges eielnd zusammenraffend, des Morgens aus meinem Domizile, nur um dann wenig Minuten später eine nette Energie-Warnung zu bekommen. Äh, wie jetze? Hatte ich das verdammte Ding nicht neben meinem Bett strömlings gefüttert? War ich in unruhigem Schlafe schon wieder an den Stecker gekommen? Man fühlte sich nackt. Bloßgestellt. Entwaffnet.

Panikattacken bemächtigten sich dann in der Regel meiner. Ein Wettlauf mit der Zeit und der Hoffnung, dass die S-Bahn mal nicht einen Pendelverkehr eingerichtet hätte. Werde ich es noch schaffen zur nächsten Energiequelle? Einen Hort der Stille finden, ehe der Apfel auf dem Display hohnlachend ein letztes Mal vor Arbeitsverweigerungsbeginn aufleuchten würde? Denn sakrale Überhöhung war schön nötig. Also das Ablegen meines Schatzes auf einem erdbebensicheren Ort, einem Altar quasi. Gollum, Gollum. Eine Stelle, an der das Kabel nicht allein durch böswillige Blickkontakte sich bewegen konnte. Denn dieses jedes Mal fest in der Hand zu halten, den Wackler so zu umgehen, konnte ja auch nicht der Weißheit letzter Schluss sein.

Fragen im Kollegenkreise wurden achselzuckend beantwortet. Gehe er Graves, wurde mir gesagt. Die werden den Renitenzling einschicken. Man bekäme dann halt ein Neues. Das bisschen neu Konfigurieren müssen man eben in Kauf nehmen. Die Daten hätte man doch sicherlich in der Cloud. Mal abgesehen davon, dass ich Wolken, die nicht am Himmel ihr Dasein fristen, ein tiefes Misstrauen gegenüber hege und sensible Daten ungern in fremder Obhut lasse, konnte ich der Aussicht nicht viel abgewinnen. Das hieße doch für ein paar Tage ohne mein über alles geliebtes Kommunikationsgerät durchs Leben zu wandeln. Ersatz würde ja sicherlich nicht sofort parat stehen. Ein finsterer Gedanke zusätzlich zudem ohnehin wenig erbaulichem ständigen Energieproblem.

Dass das auf Dauer kein Zustand ist, versteht sich von selbst. Zumal das nächste subventionierte Apfelprodukt ob meines Anbietervertrages noch ein paar Monate auf sich warten lassen würde.

Und  so stand ich nun dieser Tage nach Redaktionsschluss, eine knappe halbe Stunde vor Ladenschluss in der ehemaligen Dimitroff Straße seltsam orange-gewandetem Personal gegenüber, in der Hoffnung, dass sie sich meiner erbarmen und nicht vertrösten würden.

Das Ambiente? Karg! Ein länglicher Tresencounter. Ein paar technische Gadgets schlummerten an den Wänden. Schrille iPhone-Bumber und Hüllen warteten auf neue Besitzer. Produkte in den Regalen. Auch in Töpfen oder Schalen. Orange? Warum Orange? Assoziationen zur BSR schossen mir druch den Kopf. Ein Mann am Frontdesk. Weitere, gelangweilt herumlungernde Personen irgendwo auf den Quadratmetern dahinter. Out of sight, zumeist.  Alle schon anscheinend im Feierabendmodus. Mit sich und der Welt beschäftigt. Keks gefällig? Oha, sollte das wirklich noch was werden heute? Der Zeiger meiner nicht vorhanden Armbanduhr rückte bedrohlich und unaufhaltsam weiter.

Neben meiner Wenigkeit waren zu dieser vorgerückten Ladenstunde zwei weitere Hilferheischende in der Handypraxis. Die eine rief auf Englisch ihren Entriegelungs-Code einem nicht sichtbaren Dritten hinterher, nur um sich sofort zu korrigieren. Verstehe. Kenn ich. Eintippen geht automatisch. So wie der PIN-Code an den Bargeldautomaten. Aber wehe man denkt drüber nach. Da sind Vertipper – aufgepasst Freunde der deutschen Zunge – programmiert. Nicht vorprogrammiert! Ein Programm lässt etwas automatisch ablaufen. Da braucht es kein vor. Das gibt es im Versehen, beim Vorabendprogramm. Aber über Sinn und Zweck dessen wollte ich mich hier ja gar nicht auslassen.

Zurück also zur Telefonseelsorge und seinen orange gewandeten Helfern in der technsichen Not. Person Nr. 2, ein älterer, etwas abseits wartender Herr, wurde justamente nach vorne gebeten, als ich mich an die Tresenkraft wenden wollte. Okay, war ja eher da. Dachte er würde schon bedient. werden. Künstlerpech halt. was komme ich auch auf den letzten Drücker. Und dann geschah etwas, was ich in der Service-Wüste Deutschland kaum für möglich gehalten hätte. Noch während er im Abrechnungsvorgang mit dem älteren Mitbürger war, rief er nach hinten seinen Kollegen zu, es möge doch bitte jemand nach vorne kommen. Um! Mich! zu! Bedienen!

Hammer! Wer jemals versucht hat kompetenten Rat oder auch nur eine Auskunft zu erhalten – womöglich gar auf die Schnelle oder gar kurz vor der Mittagspause – in einem Amt oder über eine x-beliebige Telefonhotline von sagen wir einmal ein Unternehmem das mit T anfängt und Elekom aufhört -, wird mein bass Erstaunen verstehen. Fetzt! Völlig egal, ob ihr weiter in Orange oder künftig in grünen Hemden mit rosa Sternen rumlauft. Der Kunde als König? Wow!

Und es wurde noch besser. Kein “ Kommen sie morgen wieder“. Oder: Das wird teuer.  Zwei MInuten des Erklärens, ein kurzes Nicken, das iPhone ausgehändigt und hastunichtgesehen war er wieder da. Mit meinem Schatz. Stecker rein, Stecker raus, Stecker rein, Stecker raus. Es klappte. Heureka. Kein Austausch irgednwelcher Teile nötig. Kein hartnäckiges Softwareproblem. Schmutz. Flusen. Dreck. Kurz, alles was man so in Hosentaschen hat, hatte sich dort festgesammelt. „Alte Problem. Kennen wir“, so sein fachmännischer Kommentar. Und als Krönung des Gnazen wollter er jetzt nichts haben. Nüscht, Gar nix. Niente. Keine müde Mark. Nicht mal nen Pfifferling.

Abzocke ein Fremdwort. Hatte ich schon mein Erstaunen erwähnt? Ja? Hatte ich?

Und wenn jetzt einer fragt, ob das hier schamlose Werbung sein soll für den Phonedoctor, dem schmettere ich ein schlichtes ja, ja und nochmals ja entgegen .

Um es mit Tui zu sagen; Sie haben es sich verdien!

 

Tage wie dieser …

Ich hätt’s wissen müssen. Gleich morgens. Tage wie dieser … Nun gut, dass mit der Kaffeemaschine ist noch halbwegs glimpflich abgegangen. Die komischen Geräusche, mit denen sie sich lautstark in ihrer Ecke bemerkbar machte, ließen mich aufschrecken. Und ich gebe es ja auch zu, sie so weit unter den Tropfenfänger zu stellen, dass dieser ein Durchlaufen des erquickenden Morgentrunks ermöglichte, ist sinnvoll. Dass sie aber nur zur Hälfte darunter stand, eher weniger. Denn so ergoss sich das schwarze Gold hübsch an dem gläsernen Gefäß vorbei auf die Warmhalteplatte und wohin sonst so immer dass Gebräu sich bemüßigt fühlte.

Die Fortsetzung fand dann wenig später statt. Bei diesen Witterungsbedingung ist es ja nicht ratsam ohne Schal das Haus zu verlassen. Dies zu wissen und festzustellen, dass man es ignoriert hatte, ist wenig erbaulich, wenn zwischen sich und dem wärmenden Halstuch vier Stockwerke liegen. Und ne, ich hatte so wirklich gar und überhaupt nicht die Lust die 80 Stiegen hoch zu meinem  Palazzo noch bewältigen zu müssen.

Doch als pfiffiges Kerlchen ist man um Ideen selten verlegen. Oben in meinem Domizil war doch mein temporärer Mitbewohner. Der könnte doch. So aus dem Fenster und so.

Sie ahnen es schon? Stimmt. Denn was ich für einen echt feinen Plan hielt, entpuppte sich als Boomerang. Mit einer unglaublichen Zielsicherheit beförderte der gute Mann meinen lieben, kleinen Braunen ins Geäst eines vor dem Hause bösartig herumlungernden Baumes. Da flatterte er lustig in luftigen Höhen. Schöner Anblick. In der Tat. Nur leider half mir das nicht gegen den sich immer stärker an meinem Hals bemerkbar machenden Luftzug.

Ich wusste sofort jemanden, der nur mitleidig den Kopf schütteln würde. Ich hatte ihr „Also Papa“, schon in meinen Ohren. Die Bunkine kennt mich und meinen chronischen Schalschwund. Auch Mützen oder Handschuhe ging ich gern mal verlustig. Da hatte ich mich die letzten beiden Winter so angestrengt, mein Hab und Gut zu bewahren und nun das. Und mal abgesehen von meiner Unlust des Treppensteigens war ich nicht einmal Schuld …

Hatte ich schon erwähnt, dass ich einen zweiten Schal hatte. So ein Momperding in rot. Das wusste auch mein Mitbewohner. Und aus Schaden klug geworden, versenkte er das gute Cashmere-Teil in einer Plastetüte. Sollte die aerodynamischen Flugeigenschaften verbessern. Tat es auch. Und zwar so gut, dass der gemeingefährliche Bäumling spielends umgangen wurde. Die Tüte segelte also herab, sie segelte weiter, sie näherte sich dem Erdboden und landet hohnlachend auf der Brüstung eines Nachbarbalkons. Erster Stock zwar nur. Aber Klingeln nutzlos. Es waren alles reine Ferienwohnungen. Nicht besetzt, nicht belegt gerade. Money down the drain zum Zweiten. Supersache.

Nun gut, Schwund ist ja immer. Kann man nicht ändern. Leise vor mich hin grummelnd machte ich mich vom Acker. Hatte ja schließlich noch mehr auf dem Zettel, ehe es in die heiligen Redaktionshallen ging (das ich dort später hätte eintrudeln dürfen, war an mir vorbeigegangen, weil die entsprechende Mail erst in meinem Postfach aufschlug, als ich das Haus verlassen hatte …). .

Sind sie immer noch hier? Echt? Noch nicht genug an meinem Elend ergötzt? Nun gut, Sie haben es ja so gewollt. Ich war noch nicht am Ende der Fahnenstange angelangt. Können Sie sich meine hocherfreute Miene vorstellen, als ich nach geduldigem Einreihen am Postschalter nichts in Empfang nehmen können? Nun gut, den hübschen gelben Benachrichtigungszettel habe sie ja gelesen, meinte die freundliche Dame. Aber so ein Zettel, da könne ja jeder kommen. Wenn nix da sei, sei nix da. Ne kostenfrei Hotline könne sie bieten. Auch was hübsches, oder?

Ne ja, ist klar, soll ich doch selber zusehen, wo das gute Schriftstück gelandet ist. Und überhaupt. Sie seien schließlich eine Postbank, hallo DIE Postbank, nicht die DHL oder die Briefpost. Das seien drei ganz verschiedene Unternehmen, wurde ich mitleidig belehrt.  DREI! Sie könne schon gar nichts dafür, quoll es undeutlich aus ihren Lippen hervor mit einem gestrengen Blick über ihre Brillengläser hinweg, der deutlich machte, dass ich sie bitte nicht weiter belästigen möge.  Fast hätte ich mich dafür entschuldigt, dass ich ihre wertvolle Zeit so schnöde mit meinem egoistischen Unterfangen missbraucht hatte. Aber, nein, ein Grenze hatte Tyrannenmacht. Also ein letzter zaghafter Vorstoß. „Aber es ist doch ein Einschreiben“, stammelte ich vor mich hin. Das „So etwas kann doch nicht verloren gehen“, wurde von einem ebenso resoluten wie finalen „Das habe ich gesehen“, unterbrochen.

Okay, okay, ich weiß, wann ich geschlagen bin. Sofortiger Rückzug, Truppen sammeln und so. Der einzige Lichtblick in der Warteschleife war, dass ich fußläufig nur von der Filiale in der Frankfurter Allee bis zur Warschauer Straße warten musste, eh mein Anliegen endlich vorgetragen werden konnte. Man versprach sich zu kümmern. Handelte sich ja um ein Einschreiben …